In der Schlösserstr. 28 befand sich in den 1920er Jahren eine der maßgebenden Rechtsanwaltskanzleien Thüringens, die gemeinsam von Dr. Alex Heilbrun und Dr. Harry Stern betrieben wurde.
Dr. Alex Heilbrun war einer von vier Anwälten in Erfurt, die für die Rote Hilfe Prozesse übernahmen. Die Rote Hilfe Deutschlands war in der Weimarer Republik eine der größten Organisationen der Arbeiter*innenbewegung. Diese hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Arbeiter*innen zu unterstützen, die aufgrund politischer Aktivitäten von Repressionen betroffen waren.
1918 veränderte die Novemberrevolution die politischen Verhältnisse im Deutschen Reich. Hunderttausende Arbeiter*innen und Soldaten zwangen den Kaiser zur Abdankung und erstmals entstand auf deutschem Boden ein demokratischer Staat. Der konservativ-monarchistisch geprägte Beamtenapparat des Kaiserreichs blieb jedoch bestehen. Revolutionäre Proletarier*innen, die auch in der Weimarer Republik für eine Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse kämpften, waren politischer Repression und Justizwillkür ausgesetzt. Nach den Märzkämpfen in Mitteldeutschland im Jahr 1921 sorgten rechte Freikorps für die massenhafte Einkerkerung und Folter von Arbeiter*innen, die auch für die Familien der Betroffenen eine Situation größter Not bedeutete. Vor diesem Hintergrund wurde am 1. Oktober 1924 die Rote Hilfe als KPD-nahe, aber dennoch überparteiliche Massenorganisation gegründet. Ihre Leiterin war seit 1925 die kommunistische Frauenrechtlerin Clara Zetkin. Unter Überparteilichkeit wurde verstanden, dass die Statuten der Roten Hilfe allen politischen Verfolgten unabhängig von ihrer Partei- oder Organisationszugehörigkeit Unterstützung gewährten. Damit war die Rote Hilfe keineswegs unpolitisch. Vielmehr war es ihr Ziel, alle linken politischen Kräfte in einer Unterstützungsorganisation zu vereinen und damit deren Zersplitterung zu verhindern. Die einzigen Kriterien einer Mitgliedschaft waren eine Unterstützung der Ziele und regelmäßige Beitragszahlungen. Die Rote Hilfe Deutschlands wurde damals von zahlreichen Prominenten wie dem Pazifisten Albert Einstein oder der Künstlerin Käthe Kollwitz unterstützt. Der Schriftsteller Heinrich Mann schrieb über die Rote Hilfe Deutschlands:
„Viele Unschuldige, sonst verloren in der verwilderten Welt, haben allein die Rote Hilfe. Die Rote Hilfe ist vor allem ein zivilisatorisches Werk, sie wirkt der uns bedrohenden Barbarei entgegen.“
Konkret bestand die Hilfeleistung in der Organisation eines Rechtsbeistands. Dabei waren die Ausmaße der juristischen Verfolgung enorm: Allein im Gründungsjahr der Roten Hilfe waren ca. 7.000 linke politische Gefangene inhaftiert, gegen weitere 18.000 war Anklage erhoben worden. Für ihre Verteidigung arbeiteten rund 300 Anwälte im Auftrag der Roten Hilfe. In Erfurt waren vier dieser Anwälte tätig. Die Gefangenen wurden mit Zigaretten und Literatur versorgt, die Familienangehörigen finanziell unterstützt. Seit 1925 betrieb die Rote Hilfe im thüringischen Elgersburg ein Kinderheim, in dem Kinder von linken Gefangenen Ferien verbringen und für eine kurze Zeit gutes Essen und die frische Luft genießen konnten.
1933 hatte die Rote Hilfe Deutschland 530.000 Mitglieder. Nach dem Reichstagsbrand in der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 wurde die Rote Hilfe Deutschland verboten, bekannte Anwälte wie Hans Litten und Felix Halle in derselben Nacht verhaftet. Dennoch gab es nach dem Verbot der Roten Hilfe Deutschland immer wieder Versuche, Geld für Verhaftete aus der Arbeiter*innenbewegung und ihre Angehörigen zu sammeln. So heißt es etwa im Lagebericht der Staatspolizeistelle Erfurt für Februar 1936 über neun verhaftete ehemalige SPD-Mitglieder:
„Die Festgenommenen haben nach Art der Roten Hilfe bei ehemaligen SPD-Mitgliedern in Konsumvereinen Geldspenden gesammelt, zu Unterstützungszwecken weitergegeben und auch sonst den organisatorischen Zusammenhalt der ehemaligen SPD aufrecht erhalten.“
Unter Bezug auf die historische Rote Hilfe wurde 1975 in der Bundesrepublik der Rote Hilfe e.V. aktiv, der heute rund 10.000 Mitglieder hat.