DGB-Bildungswerk
Thüringen e.V.

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Domplatz

Wir befinden uns auf dem Erfurter Domplatz, dem ehemaligen Friedrich-Wilhelm-Platz. An diesem zentralen Ort der Stadt lässt sich die Besetzung des öffentlichen Raumes durch die Nationalsozialisten beispielhaft zeigen.

Im Kaiserreich und in der Weimarer Republik wurde der Domplatz von unterschiedlichen Organisationen als Versammlungsort genutzt. Auch zentrale kirchliche Feiertage wurden hier zelebriert. In der Weimarer Republik diente der Platz der Arbeiterbewegung für politische Veranstaltungen wie den Feiern zum 1. Mai oder für Demonstrationen. Mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 war es oppositionellen politischen Gruppierungen jedoch nicht mehr möglich, den öffentlichen Raum für Protest zu nutzen.

Stadtarchiv Erfurt

Stattdessen wurde der Erfurter Domplatz von nun an zu einem Ort nationalsozialistischer Machtdemonstrationen und völkischer Inszenierung, wie beispielsweise beim Besuch Hitlers am 18. Juni 1933. Vom Gautag im nahegelegenen Weimar flog er nach Erfurt. Der Besuch war minutiös geplant und inszenierte eine Verbindung zwischen dem „Führer“ und den „Volksmassen“, die dem nationalsozialistischen Staatsverständnis zugrunde lag: Zunächst wurde Hitler von der Hitlerjugend und anderen Parteigliederungen empfangen, bevor er sich im Rathaus in das goldene Buch der Stadt eintrug. Danach folgte eine vierstündige Parade auf dem Domplatz, bevor der neue Reichskanzler in der mitteldeutschen Kampfbahn, dem heutigen Steigerwald-Stadion, eine Rede vor 120.000 Zuhörerinnen und Zuhörern hielt. Über 250.000 Menschen kamen an diesem Tag nach Erfurt. Die Reichsbahn setzte insgesamt 180 Sonderzüge ein, um den enormen Ansturm aus der Region zu bewältigen.

Stadtarchiv Erfurt

Aufmärsche dieser Art fanden auch ohne Hitlers persönliche Anwesenheit in den Folgejahren immer wieder auf dem Erfurter Domplatz statt. So diente etwa sein Geburtstag am 20. April jedes Jahr als Anlass für eine öffentliche Parade. Während in den Anfangsjahren der NS-Diktatur Massenkundgebungen der Parteiorganisationen dominierten, waren es nach der massiven Stationierung von Soldaten im Zuge des Ausbaus des Garnisonsstandorts Erfurt später hauptsächlich Militärparaden, die den öffentlichen Raum besetzten.

Für den Einzelnen hatte diese nationalsozialistische Vorherrschaft in der öffentlichen Sphäre weitreichende Konsequenzen. Nicht nur der Domplatz, sondern auch viele andere Straßen und Plätze wurden aus Anlass völkischer Feierlichkeiten festlich dekoriert. Damit boten diese Paraden und Aufmärsche die Möglichkeit, die „Volksgemeinschaft “ für alle sichtbar zu zelebrieren und zu manifestieren. Sämtliche Häuser mussten beflaggt werden, es sei denn, den Bewohner*innen war aufgrund der Nürnberger Gesetze die Nutzung der Reichsflagge untersagt. So wurde der private Raum der Wohnung zum Politikum und die totale Kontrolle des Einzelnen führte zwangsläufig zur Exklusion derjenigen, die nicht dazugehören wollten oder durften.

Welche Folgen dieses Sichtbarmachen des Ausschlusses bewirkte und wie es zu Denunziationen führte, zeigt ein aus Jena überliefertes Beispiel aus dem Jahr 1937:

„Es erregt nachgerade ein öffentliches Ärgernis, dass sie an nationalen Festen und Feiertagen in ihrem Hause 1. Etage nicht mit der Nationalflage flagen. Sollten sie zu arm sein, sich eine Hakenkreuzfahne zu kaufen? Oder ist dieses immer noch ein Zeichen Ihrer Demokratischen Ideen. Alles für den Führer. Ihre Ablehnung zwingt zu Gegenmassnahmen, also richten sie sich danach.

Heil Hitler

Ihre Nachbarn“

Rundgänge
Diese Station ist Bestandteil der folgenden Rundgänge: