Nachdem am 7. November 1938 Herschel Feibel Grynszpan als Reaktion auf die sogenannte „Polenaktion“ in der deutschen Botschaft in Paris den Diplomaten Ernst vom Rath erschossen hatte, ging eine Welle der Gewalt gegen die jüdischen Bevölkerungsteile durch das gesamte Deutsche Reich. Die „Polenaktion“ bezeichnet die Verhaftung und zwangsweise Ausbürgerung von über 17.000 vormals nach Deutschland eingewanderter polnischer Juden. Grynszpans Attentat wurde zum Anlass mehrtägiger Pogrome in nahezu allen deutschen Städten, deren Ursache im gesellschaftlich tief verwurzelten und seit 1933 staatlich beförderten Antisemitismus zu finden ist. In Aktionen systematischer Zerstörung plünderten antisemitische Deutsche, darunter zahlreiche Schüler*innen und Jugendliche, die von regionalen Funktionären der Hitlerjugend oder der SA angestachelt wurden, jüdische Geschäfte. Sie steckten Synagogen in Brand, zerstörten religiöse Gegenstände und drangen auch in Privatwohnungen ein. Die Feuerwehr kam ihrer Aufgabe, die brennenden Gebäude zu löschen, in vielen Fällen nicht nach und achtete oftmals lediglich darauf, dass keine umliegenden Häuser versehentlich Feuer fingen. Das Ausmaß der Zerstörungen und die Opferzahlen sind bis heute nicht vollständig erfasst. Die Gewalt fand sowohl in Großstädten als auch im ländlichen Raum Nährboden. In den Folgetagen des 9. November 1938 wurden im gesamten Reichsgebiet über 30.000 jüdische Männer verhaftet. Ein Großteil von ihnen wurde nach Misshandlungen und Demütigungen vorübergehend in Konzentrationslagern interniert, wodurch die Nationalsozialisten ihre Ausreise unter Zurücklassung eines Großteils des Vermögens erzwingen wollten.
Auch in Erfurt kam es zu pogromartigen Ausschreitungen. Die Synagoge am Stadtring wurde angezündet. Ca. 180 jüdische Bürger wurden unter Leitung des NSDAP-Kreisleiters in die Turnhalle der Oberrealschule in der Meyfartstraße gebracht. Dort wurden sie zum Teil schwer misshandelt, bevor sie am Morgen des nächsten Tages in das nahegelegene KZ Buchenwald deportiert wurden. Dort wurden auch sie, gemeinsam mit über 9.000 anderen jüdischen Männern, unter unmenschlichen Bedingungen interniert. Die SS ging gewaltsam gegen einzelne Menschen vor, notwendige Medikamente wurden vorenthalten, die hygienischen Bedingungen im „Pogromsonderlager“ waren katastrophal. Als Toiletten dienten beispielsweise lediglich zwei offene Gruben. Es stand nur ca. ¼ Liter Wasser pro Person und Tag zur Verfügung, sodass eine Typhusepidemie ausbrach. Im Januar 1939 verließen vermutlich die letzten Erfurter Juden das Lager. 75 von ihnen wanderten anschließend unter den von den Nationalsozialisten gestellten Bedingungen aus Deutschland aus. Die betroffenen Männer wurden zum Stillschweigen über das Erlebte verpflichtet.