Die Diskriminierung von Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus, die schließlich in ihrer massenhaften Vernichtung gipfelte, verschärfte sich ab 1933 kontinuierlich. Es lassen sich schematisch verschiedene Stufen der Verfolgung voneinander differenzieren. „Ghettohäuser“ in den Städten spielten in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.
Erfolgte kurz nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten zunächst eine von staatlicher Seite forcierte Ausgrenzung aus der Gesellschaft, z.B. in Form von Verboten der Mitgliedschaft in verschiedenen Vereinen o.ä., verloren Jüdinnen und Juden mit der Verabschiedung der „Nürnberger Gesetze“ 1935 ihre rechtliche Gleichstellung als deutsche Staatsbürger*innen. 1938 erreichte die Verfolgung mit dem Novemberpogrom einen neuen Höhepunkt und begründete eine letzte Welle an Auswanderungen jüdischer Menschen aus Deutschland. Im Oktober 1941 erließ die nationalsozialistische Administration ein Auswanderungsverbot für Jüdinnen und Juden. Stattdessen wurde die geplante Vernichtung Ziel des staatlichen Handelns. Hierfür suchten die Behörden nach Möglichkeiten eines erleichterten Zugriffs auf die Menschen, die in Konzentrationslager und Vernichtungszentren in Osteuropa deportiert werden sollten. In vielen Städten kam es in diesem Zusammenhang zur Einrichtung sogenannter „Ghettohäuser“ oder „Judenhäuser“. Die gesetzliche Grundlage dafür existierte bereits seit 1939. Das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“ entzog jüdischen Mietern gegenüber nicht-jüdischen Vermietern seitdem den Mieterschutz und wurde nun angewendet, um jüdische Familien systematisch aus ihren Wohnungen zu vertreiben und mit anderen gemeinsam in speziell dafür ausgewählten Häusern zu konzentrieren. Die Lebensverhältnisse in den „Ghettohäusern“ waren sehr beengt. Doch stellten sie trotzdem nur eine Zwischenstufe vor der endgültigen Deportation der Betroffenen in die Vernichtungszentren dar.
„Ghettohäuser“ befanden sich in Erfurt an verschiedenen Orten, unter anderem in der Großen Arche, der Georgsgasse, der Herderstraße, der Regierungsstraße, der Michaelisstraße, der Gotthardstraße, der Karthäuserstraße und am Domplatz.
Nach der Deportation der jüdischen Bürger*innen wurden ihre Namen in den städtischen Adressbüchern geschwärzt. Auf diese Weise sollte auch die letzte Erinnerung an sie ausgelöscht werden.