DGB-Bildungswerk
Thüringen e.V.

PersonHerbert Leopold Robinski
Person

Herbert Leopold Robinski

Herbert Leopold Robinski, wohnhaft in der Leipziger Str. 118, war im „Kaufhaus Römischer Kaiser“ beschäftigt, das seit den 1920er Jahren immer wieder Ziel antisemitischer Anfeindungen war.

Geboren wurde Robinski am 29. März 1907 in der damals preußischen Stadt Strasburg, dem heutigen Brodnica in Polen. Auch aufgrund finanzieller Schwierigkeiten beendete er frühzeitig den Schulbesuch und wurde mit 16 Jahren zu seinem Onkel ins ostpreußische Gumbinnen geschickt, wo er eine Lehre als Verkäufer begann. Aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen entschied er sich jedoch nach zwei Jahren, die Ausbildung abzubrechen. Schließlich fand er eine Arbeitsstelle als Juniorverkäufer im Kaufhaus Tietz in Berlin. 1929 wurde er Chefverkäufer und Leiter der Abteilung Leinen, Baumwolle und Tuche im „Kaufhaus Römischer Kaiser“ in Erfurt, wo ihm circa 20 Beschäftigte unterstanden. Herbert Robinski führte vor der Machtübertragung an die Nationalsozialisten ein relativ sorgenfreies Leben in Erfurt. Vermutlich entstand in dieser Zeit das Foto, das Herbert Robinski bei einem ausgelassenen Kegelabend mit seinen Kollegen zeigt. Anlässlich eines Buch-Projektes berichtete Robinski seinem Sohn, Steven Robins, über die Veränderungen im Jahr 1933:

„Zu der Zeit gingen wir Juden kaum vor das Haus, nur gelegentlich gingen wir noch aus, verstehst du, und manchmal sahen wir Leute in Uniform, die uns anstarrten. Das jagte uns Angst ein, und dann machten wir uns aus dem Staub.“

Vermutlich aufgrund eines kritischen Kommentars über die Hakenkreuz-Ohrringe einer Nachbarin wurde Herbert Robinski auf seiner Arbeitsstelle verhaftet und kam ins Gefängnis. Nach ein paar Wochen kam er gegen Kaution wieder frei, erhielt jedoch die Auflage, Erfurt nicht zu verlassen. Er plante deshalb mehrere Jahre lang heimlich seine Flucht. Als Ziel wählte er Südafrika, vermutlich weil dort sein Onkel Eugen und dessen Kinder beheimatet waren. Über die Vorbereitungen und seine Flucht berichtet er:

„Ich begann mit meinen Vorbereitungen. Als Erstes brauchte ich einen Reisepass. Es gab da einen anständigen Polizisten oder Beamten, und den bat ich, nicht ‚Strasburg, Westpreußen‘ hineinzuschreiben, sondern nur ‚Strasburg‘. Derart konnte es auch Straßburg in Elsass-Lothringen sein, denn es gab eine Quote [für Osteuropäer] in Südafrika. Wenn man aus Polen kam, ließen sie einen nicht herein. Man fiel dann unter eine Quote und brauchte eine besondere Erlaubnis. Doch wenn man aus Straßburg in Frankreich kam, gab es kein Problem… Das war alles, was ich brauchte. Ich ging nach Hause und sagte meiner Familie Auf Wiedersehen und buchte eine Reise in die Schweiz, was in Deutschland beliebt war und sich ‚Kraft durch Freude‘ nannte. Auch nach Italien konnte ich eine Fahrkarte bekommen… Ich verabschiedete mich von meinen Freunden. Ich hatte es derart eilig, dass ich ein paar Dinge zurückließ… Ich bestieg den Zug mit sehr gemischten Gefühlen. Würde ich durchkommen? Würden sie mich aufhalten? Doch sie hielten mich nicht auf… Als wir die Schweizer Grenze passierten, sahen wir auf einmal die Schweizer Eisenbahner in Uniform, und einige Leute sprangen aus dem Zug und begannen im Bahnhof zu tanzen. Die anderen müssen ebenfalls Juden gewesen sein, kein Zweifel. Ich blieb über Nacht in einem Schweizer Hotel. Um Mitternacht klopfte es an der Tür. ‚Wer ist da?‘ ‚Polizei, machen Sie auf!‘ Aber ich war doch in der Schweiz. So etwas hatte ich überhaupt nicht erwartet. ‚Was tun Sie, wie lange bleiben Sie hier?‘ Ich zeigte ihnen mein Zugticket nach Genua. Sie sagten: ‚Sind Sie sicher, dass Sie nach Genua reisen?‘ Ich sagte ja. Sie waren zufrieden, und ich legte mich wieder schlafen. Am nächsten Tag fuhr ich nach Genua und holte meine Fahrkarte… Als ich in Kapstadt ankam, fragte mich der Beamte der Einwanderungsbehörde, wo Strasburg sei. Ich zeigte ihm auf der Karte Elsass-Lothringen und war durch…“

Herbert Robinski erreichte Kapstadt am 14. Mai 1936 auf dem italienischen Linienschiff „Duilio“. Kurz nach seiner Ankunft kam es in Südafrika zu Massenprotesten gegen die Aufnahme jüdischer Flüchtlinge aus Deutschland. 1937 wurde ein Gesetz erlassen, das jüdischen Immigranten die Einreise sehr wirkungsvoll verwehrte: Für eine Einreiseerlaubnis mussten 100 Pfund für einen Erwachsenen und 50 Pfund für ein Kind in bar hinterlegt werden. Da die Nationalsozialisten jüdischen Auswanderern nicht gestatteten, das Land mit so viel Geld zu verlassen, wurde die Einreise damit praktisch unmöglich. Vergeblich bemühte sich Herbert Robinski, seine Eltern vor der Deportation zu retten. 1942 wurden sie nach Riga gebracht und anschließend vermutlich beide in Auschwitz ermordet. An Robinskis Eltern erinnern Stolpersteine. Seit dem Jahr 2000 liegen sie vor ihrem letzten Wohnsitz in der Naunynstraße 46 in Berlin Kreuzberg.

Robinski, inzwischen ein recht erfolgreicher Geschäftsmann, heiratete 1955 die 22 Jahre jüngere Ruth Naomi Rom aus Port Elizabeth. Das Ehepaar bekam zwei Söhne, Michael und Steven Robins. 1990 starb Herbert Robinski. Sein Sohn widmete sich der Erforschung der Familiengeschichte in einem Buch.