Wir stehen nun vor dem Anger 1, dem zentralen Kaufhaus der Stadt. Gegründet wurde es 1908 als „Kaufhaus Römischer Kaiser“ von Siegfried Pinthus und dessen Schwager Arthur Arndtheim .
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Wie kein anderes Gebäude stand das Kaufhaus für die Faszination, die von dem riesigen Warenangebot zu kleinen Preisen, der hell erleuchteten Fassade und den neu erfundenen Rolltreppen ausging. Seine Geschichte ist jedoch auch verbunden mit antisemitischer Hetze, der Enteignung der jüdischen Besitzer und der Herausdrängung von Jüdinnen und Juden aus dem Wirtschaftsleben während der Zeit des Nationalsozialismus.
Bereits in den 1920er Jahren war das gesellschaftliche Klima in Deutschland antisemitisch geprägt. So gab es auch antisemitische Äußerungen und Angriffe gegen das „Kaufhaus Römischer Kaiser“, die immer mehr an Schärfe zunahmen. 1927 planten die Betreiber, das Kaufhaus auf sieben Stockwerke zu erhöhen und einen Vorbau zu errichten. Die dafür erforderliche Baugenehmigung hatte der Erfurter Bezirksausschuss bereits erteilt, als Adolf Schmalix in seinem antisemitischen Wochenblatt „Echo Germania“ gegen die Pläne hetzte, weil er die Erweiterung des jüdischen Unternehmens für überdimensioniert hielt. Schmalix bediente sich in seiner Argumentation klassischer antisemitischer Stereotype, beispielsweise von der Übermacht jüdischer Großunternehmen gegenüber den gemeinen nicht-jüdischen deutschen Krämerläden. Damit hatte er Erfolg: Der Widerstand gegen den Umbau des Kaufhauses wuchs und das Bauvorhaben wurde verschleppt, bis es nach Ende der Machtübertragung an die Nationalsozialisten schließlich verworfen werden musste.
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Wie alle jüdisch geführten Unternehmen im Deutschen Reich war auch das „Kaufhaus Römischer Kaiser“ nach 1933 weiteren Repressionen ausgesetzt. Ziel der Nationalsozialisten war es, jüdische Unternehmer*innen zu enteignen und ihre Firmen in nicht-jüdische Hände zu überführen. Nach Boykottaktionen und Einschüchterungen der Kund*innen erzwangen die nationalsozialistischen Behörden schließlich im September 1937, dass das Kaufhaus Römischer Kaiser zwangsweise an die Firma Hans Quehl & Co aus Leipzig überging. Der neue Inhaber warb bereits zwölf Tage vor der Neueröffnung mit der deutlich hervorgehobenen Zeile „unter neuer Leitung“ um Kund*innen. Hakenkreuzfahnen hingen nach dem Eigentümerwechsel am Gebäude und die gläserne Weltkugel auf dem Dach des „Römischen Kaisers“ wurde entfernt. Der Grund für die Entfernung der Weltkugel ist nicht mit Sicherheit bekannt, doch es ist zu vermuten, dass sie aufgrund einer möglichen Assoziation mit Weltgewandtheit und Kosmopolitismus aus antisemitischen Motiven entfernt wurde.
Nicht nur für die Kaufhausbesitzer Arndtheim und Pinthus hatte die Umsetzung antisemitischer Ausgrenzung im Wirtschaftsleben weitreichende Folgen. Bereits vor der Übernahme des Kaufhauses durch den neuen Eigentümer hatten einige jüdische Angestellte gekündigt und versucht, Deutschland zu verlassen. Unter ihnen war auch Herbert Robinski , der nach Südafrika ging. Unter den neuen Eigentümern wurden keine jüdischen Mitarbeiter*innen mehr beschäftigt.
Am 19. November wurden die Kaufleute Pinthus und Arndtheim als Gesellschafter aus dem Handelsregister ausgetragen. Ihre Enteignung war damit abgeschlossen.
Das Kaufhaus „Römischer Kaiser“ nach 1945
Nach der Befreiung Erfurts durch die amerikanische Armee, besetzte am 3. Juli 1945 die Rote Armee die Stadt. Der neue Eigentümer des Kaufhauses „Römischer Kaiser“, Hans Quehl, wurde auf der Grundlage der Befehle 124/126 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) enteignet. Er galt als „belasteter Faschist“. Quehl legte Widerspruch gegen seine Enteignung ein, floh jedoch schließlich in die westlichen Besatzungszonen. Das Kaufhaus diente zu diesem Zeitpunkt in der unmittelbaren Nachkriegszeit als „Verpflegungspunkt“.
Ab Mai 1946 wurde das sequestrierte Eigentum der Stadt Erfurt zur Nutznießung überlassen, während zugleich das vom Land Thüringen eingerichtete Referat für Wiedergutmachung die Ansprüche der früheren Besitzer auf eine Rückübertragung prüfte.
Am 27. September 1947 stellte Erna Arndtheim, deren Ehemann Arthur inzwischen verstorben war, einen Antrag auf Wiedergutmachung bei Präsidialamt. Aufgrund eines Kabinettsbeschlusses der Landesregierung vom März 1948 wurde das Kaufhaus im Grundbuch jedoch als „Eigentum des Volkes“ deklariert. Schließlich teilte das „Amt zum Schutz des Volkseigentums“ der Erfurter Synagogengemeinde im Juli 1950 mit, dass es keine gesetzliche Basis gebe, um Erna Arndtheim zu entschädigen. Das Kaufhaus wurde zum größten Warenhaus der DDR.
Karl-Heinz Arndtheim klagte nach dem Ende der DDR gegen die neuen Besitzer, die Karstadt AG. Im Rahmen eines Vergleichs erhielt er eine Entschädigung.